Jeder Mensch macht Fehler! Dies gilt dementsprechend auch für Lehrende und Lernende. Auch wenn in (fach-) didaktischen und pädagogischen Publikationen immer wieder auf die große Bedeutung einer positiven Fehlerkultur in Lernsettings hingewiesen wird, sieht es in der Realität häufig anders aus. Die Angst vor dem „Fehler machen“ ist unter Lernenden und Lehrenden weit verbreitet.
Was bedeutet das für Russischlehrer:innen?
Gerade bei einer morphologiereichen Sprache wie dem Russischen sollten Russischlehrer:innen eine große Toleranz gegenüber Fehlern haben und den Leitgedanken des kommunikativen Ansatzes der Fremdsprachendidaktik beherzigen: Fluency before accuracy (oder auch Communication before mastery / Message before form).
Lernende sollten also besonders bei der mündlichen Sprachproduktion ermutigt werden und die Fehlerkorrektur behutsam durchgeführt werden. Interessant sind dabei die Ergebnisse einer Studie von Krause (2014), in denen mündliche Sprachdaten von Fremdsprachenlernenden L1 Russisch Sprecher:innen vorgelegt wurden. Die Monolingualen hatten die Aufgabe die Fehler in der fremdsprachlichen Sprachproduktion in Bezug auf ihre „Fehlerstärke“ zu bewerten. Das stärkste „Störgefühl“ im fremdsprachlichen Russisch lösten Aussprache-, Betonungs- und Flexionsfehler aus. Semantische Abweichungen wie fehlerhafte Kontextualisierung oder falsche Registerwahl oder syntaktische Abweichungen wie fehlerhafte Wortstellung wurden als kaum störend wahrgenommen (vgl. Krause 2014, S. 63).
Eine didaktische Implikation aus diesen Ergebnissen ist, dass der Aussprache (insbes. Betonung) von Beginn an viel Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Ideen zur Umsetzung finden sich bei Singen und Gedichte.
Doch wie sieht es mit den Lehrenden selbst aus? Gerade bei Studierenden oder Lehrkräften im Vorbereitungsdienst beobachte ich häufig eine große Angst davor, Fehler zu machen oder etwas nicht zu wissen! Auch Lehrer:innen dürfen Fehler machen und sind keine allwissenden Wesen! Stattdessen kann der transparente Umgang mit Fehlern und (situativer) Unwissenheit Vorbildfunktion haben. Natürlich beinhaltet dies auch, dass Fehler eingestanden und korrigiert werden bzw. Antworten auf Fragen, die nicht beantwortet werden konnten, nachgereicht werden.

- Krause, Marion (2014): Presentations on business topics in L3 Russian: What should we learn from the evaluation by natives? In: fs 36 (1-2), S. 53–66. DOI: 10.24989/fs.v36i1-2.1433.